Die Kreislauffähigkeit berechnen
Der Baubereich trägt zum allgemeinen Abfallaufkommen mit einem Anteil zwischen 40 und 50 % bei. Dabei wären viele Bauabfälle am Ende ihres Lebenszyklus wieder verwertbar. Damit hat das Thema Kreislaufwirtschaft im Baubereich hohe Priorität für den Ressourcen- und Klimaschutz.
Rückbau & Recycling
Einleitung
Im Beitrag werden unterschiedliche Methoden und Verfahren vorgestellt, mit denen die Kreislauffähigkeit eines Gebäudes bereits im Planungsprozess berechnet und gestaltet werden kann. Das Ziel ist dabei Gebäude am Ende ihres Lebenszyklus in Zukunft nicht mehr als Abfall, sondern als Rohstofflager für Bauvorhaben der Zukunft zu behandeln. Der Beitrag konzentriert sich auf die kurze Vorstellung der unterschiedlichen Berechnungsmethoden. Dabei wird zwischen der quantitativen Methode (Ökobilanz) und qualitativen Methoden (Entsorgungsindikator, Verwertungsindikator) unterschieden. Bei den qualitativen wird grundsätzlich ein verwertungsorientierter Rückbau, wie er beispielsweise in Österreich durch die Recycling-Baustoff-Verordnung vorgeschrieben ist, vorausgesetzt. Auf die konstruktiven Möglichkeiten zur Erhöhung der Trennbarkeit kann im vorliegenden Beitrag nicht eingegangen werden. Ebenso werden die wichtigen Aspekte der Abfallvermeidung und Wiederverwendung hier nicht behandelt.
Der Begriff „Entsorgung“ umfasst immer die Beseitigung und die Verwertung von Abfällen. Die Verwertung von Abfällen kann die stoffliche Verwertung (Recycling) oder die energetische (thermische) Verwertung bedeuten.
Die Ökobilanzmethode
Lebensphasen in der Ökobilanzmethode
Die Ökobilanz ist eine Methode zur quantitativen Abschätzung der mit einem Produkt verbundenen Umweltaspekte und produktspezifischen „potenziellen Umweltwirkungen“ (ISO 14040 [1]). Da Ökobilanzen grundsätzlich auf die Bewertung des gesamten Lebenszyklus abzielen, werden sie auch als Lebenszyklusanalyse (englisch: Life Cycle Assessment, kurz LCA) bezeichnet.
In der europäischen Normung wird der Lebensweg des Gebäudes in unterschiedliche Module (Modul A1-3 Herstellungsphase, A4-5 Errichtungsphase, Modul B1-7 Nutzungsphase, Modul C1-4 Entsorgungsphase) unterteilt ([2], [3]). Das Modul D, das die Vorteile und Belastungen durch Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- und Recyclingprozesse abbildet, steht außerhalb der Systemgrenze des Bauwerks.
Entsorgungsphase im Oekoindex-Konzept
In den österreichischen Gebäudebewertungssystemen „klimaaktiv Bauen & Sanieren“, „Total Quality Building“ (TQB), IBO ÖKOPASS und Vorarlberger Kommunalgebäudeausweis wird für die Bewertung der Ökobilanzindikatoren der Oekoindex OI3 herangezogen. Der OI3 ist eine aggregierte Kennzahl, die sich aus den drei Ökobilanz-Indikatoren Bedarf an nicht erneuerbaren Energieträgern (PENRT), Beitrag zur Klimaveränderung (GWP) und Beitrag zur Versauerung (AP) zusammensetzt. In der ursprünglichen Form des OI3 werden die Herstellungsphase (A1-3) und der Ersatz von Baumaterialien während der Nutzungsphase (B4) bewertet. 2018 wurde das OI3 Konzept um die Entsorgungsphase (C1-4) erweitert [4].
Der OI3 kann mit dem Online-Tool baubook eco2soft (https://www.baubook.info/eco2soft/) berechnet werden. Im Tool sind für die unterschiedlichen Baumaterialien Entsorgungsszenarien hinterlegt, die von den AnwenderInnen ausgewählt werden können (Abbildung 1). Darauf basierend werden die Ökobilanzindikatoren für die Entsorgungsphase berechnet.
Deklaration der Entsorgungsphase in baubook
Die Deklaration von Ökobilanzdaten in baubook war bisher nur für die Herstellungsphase (A1-A3) möglich. Ab sofort können alle für Baustoffe relevanten Lebensphasen entsprechend der EN 15804, also auch die Entsorgungsphase, deklariert werden. Für die Entsorgungsphase gibt es fünf vordefinierte Szenarien: Recycling, Sekundärbrennstoff, Energierückgewinnung, thermische Beseitigung, Deponie. Die Ökobilanzdaten müssen einem (oder mehreren) dieser Szenarien zuordenbar sein. Es sind nur „eindeutige“ Szenarien zulässig.
Die wichtigsten Aufnahmekriterien für Ökobilanzdaten in baubook sind:
Ökobilanzdaten müssen den Ökobilanzregeln der Bau-EPD GmbH (www.bau-epd.at) entsprechen.
Die generischen Hintergrund-Daten müssen aus ecoinvent entnommen werden.
Die Produktkategorie-Zuordnung erfolgt nach der Logik der baubook-Datenbank.
Im Modul D sollen nur Inputs aus den Modulen C1 bis C4 abgebildet werden.
Schwächen der Ökobilanzmethode
Eine der meist-diskutierten Fragen bei der Erstellung von Ökobilanzen ist, wie die Vorteile und Belastungen der Verwertung von Materialien am Ende der Lebensdauer auf die Systeme verteilt werden sollen – auf das primäre System (Gebäude) oder auf das System, das die sekundären Ressourcen nutzt? Es gibt dazu die unterschiedlichsten Lösungsansätze (Cut-Off-Methode, Strikte Co-Produkt-Allokation, Value-corrected Substitution etc.). Die europäische Normung hat für den Baubereich die Cut-Off-Methode zum Standard erhoben ([2], [3]). Die Grenze zwischen dem System des Bauwerks und dem Modul D (Prozesse außerhalb der Systemgrenze des Bauwerks) ist der erreichte Zustand des Abfallendes (EOW).
Bisher war in Umweltproduktdeklarationen (EPD) die Deklaration von Modul D optional, sodass nur wenig Erfahrung mit der Berechnung von Modul D auf Produkt- oder Gebäudeebene vorliegt. Wie unter anderen eine belgische Fallstudie zur Berücksichtigung von Modul D in der Ökobilanz von Gebäuden zeigt [6], können die methodischen Entscheidungen, Interpretationen und Annahmen im Zusammenhang mit der Berechnung von Modul D einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse haben. Die Ergebnisse von Modul D sind daher mit großen Unsicherheiten behaftet. Wird das Modul D darum – wie heute in vielen Gebäudebewertungssytemen üblich – nicht betrachtet, bringt das in der Regel Vorteile für den Einsatz von Recyclingmaterialien, da sie „gratis“ aus dem vorherigen Produktsystem übernommen werden. Das Recycling der Materialien am Gebäudelebensende erspart zwar die Aufwendungen für die Beseitigung, diese Vorteile kommen aber im Gesamtlebenszyklus eines Gebäudes kaum zum Tragen – die Vorteile durch das Recycling werden ja erst im Modul D abgebildet. Die alternative Deponierung zeigt sich zum Beispiel lediglich durch die damit verbundenen Abbruch- und Transportprozesse, welche in den meisten Ökobilanzindikatoren im Vergleich zum Herstellungsaufwand wenig Beitrag leisten.
Bereits 2003 begann das IBO daher der quantitativen Ökobilanzbewertung eine qualitative Bewertung gegenüberzustellen, welche die Qualität der Entsorgungswege und der aus den Altmaterialien hergestellten Produkte ins Zentrum stellt. Diese Methode wurde seither kontinuierlich weiterentwickelt.
Quelle: IBO, Mag. Hildegund Figl
Der Baubereich trägt zum allgemeinen Abfallaufkommen mit einem Anteil zwischen 40 und 50 % bei. Dabei wären viele Bauabfälle am Ende ihres Lebenszyklus wieder verwertbar. Damit hat das Thema Kreislaufwirtschaft im Baubereich hohe Priorität für den Ressourcen- und Klimaschutz.
Rückbau & Recycling
Einleitung
Im Beitrag werden unterschiedliche Methoden und Verfahren vorgestellt, mit denen die Kreislauffähigkeit eines Gebäudes bereits im Planungsprozess berechnet und gestaltet werden kann. Das Ziel ist dabei Gebäude am Ende ihres Lebenszyklus in Zukunft nicht mehr als Abfall, sondern als Rohstofflager für Bauvorhaben der Zukunft zu behandeln. Der Beitrag konzentriert sich auf die kurze Vorstellung der unterschiedlichen Berechnungsmethoden. Dabei wird zwischen der quantitativen Methode (Ökobilanz) und qualitativen Methoden (Entsorgungsindikator, Verwertungsindikator) unterschieden. Bei den qualitativen wird grundsätzlich ein verwertungsorientierter Rückbau, wie er beispielsweise in Österreich durch die Recycling-Baustoff-Verordnung vorgeschrieben ist, vorausgesetzt. Auf die konstruktiven Möglichkeiten zur Erhöhung der Trennbarkeit kann im vorliegenden Beitrag nicht eingegangen werden. Ebenso werden die wichtigen Aspekte der Abfallvermeidung und Wiederverwendung hier nicht behandelt.
Der Begriff „Entsorgung“ umfasst immer die Beseitigung und die Verwertung von Abfällen. Die Verwertung von Abfällen kann die stoffliche Verwertung (Recycling) oder die energetische (thermische) Verwertung bedeuten.
Die Ökobilanzmethode
Lebensphasen in der Ökobilanzmethode
Die Ökobilanz ist eine Methode zur quantitativen Abschätzung der mit einem Produkt verbundenen Umweltaspekte und produktspezifischen „potenziellen Umweltwirkungen“ (ISO 14040 [1]). Da Ökobilanzen grundsätzlich auf die Bewertung des gesamten Lebenszyklus abzielen, werden sie auch als Lebenszyklusanalyse (englisch: Life Cycle Assessment, kurz LCA) bezeichnet.
In der europäischen Normung wird der Lebensweg des Gebäudes in unterschiedliche Module (Modul A1-3 Herstellungsphase, A4-5 Errichtungsphase, Modul B1-7 Nutzungsphase, Modul C1-4 Entsorgungsphase) unterteilt ([2], [3]). Das Modul D, das die Vorteile und Belastungen durch Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- und Recyclingprozesse abbildet, steht außerhalb der Systemgrenze des Bauwerks.
Entsorgungsphase im Oekoindex-Konzept
In den österreichischen Gebäudebewertungssystemen „klimaaktiv Bauen & Sanieren“, „Total Quality Building“ (TQB), IBO ÖKOPASS und Vorarlberger Kommunalgebäudeausweis wird für die Bewertung der Ökobilanzindikatoren der Oekoindex OI3 herangezogen. Der OI3 ist eine aggregierte Kennzahl, die sich aus den drei Ökobilanz-Indikatoren Bedarf an nicht erneuerbaren Energieträgern (PENRT), Beitrag zur Klimaveränderung (GWP) und Beitrag zur Versauerung (AP) zusammensetzt. In der ursprünglichen Form des OI3 werden die Herstellungsphase (A1-3) und der Ersatz von Baumaterialien während der Nutzungsphase (B4) bewertet. 2018 wurde das OI3 Konzept um die Entsorgungsphase (C1-4) erweitert [4].
Der OI3 kann mit dem Online-Tool baubook eco2soft (https://www.baubook.info/eco2soft/) berechnet werden. Im Tool sind für die unterschiedlichen Baumaterialien Entsorgungsszenarien hinterlegt, die von den AnwenderInnen ausgewählt werden können (Abbildung 1). Darauf basierend werden die Ökobilanzindikatoren für die Entsorgungsphase berechnet.
Deklaration der Entsorgungsphase in baubook
Die Deklaration von Ökobilanzdaten in baubook war bisher nur für die Herstellungsphase (A1-A3) möglich. Ab sofort können alle für Baustoffe relevanten Lebensphasen entsprechend der EN 15804, also auch die Entsorgungsphase, deklariert werden. Für die Entsorgungsphase gibt es fünf vordefinierte Szenarien: Recycling, Sekundärbrennstoff, Energierückgewinnung, thermische Beseitigung, Deponie. Die Ökobilanzdaten müssen einem (oder mehreren) dieser Szenarien zuordenbar sein. Es sind nur „eindeutige“ Szenarien zulässig.
Die wichtigsten Aufnahmekriterien für Ökobilanzdaten in baubook sind:
Ökobilanzdaten müssen den Ökobilanzregeln der Bau-EPD GmbH (www.bau-epd.at) entsprechen.
Die generischen Hintergrund-Daten müssen aus ecoinvent entnommen werden.
Die Produktkategorie-Zuordnung erfolgt nach der Logik der baubook-Datenbank.
Im Modul D sollen nur Inputs aus den Modulen C1 bis C4 abgebildet werden.
Schwächen der Ökobilanzmethode
Eine der meist-diskutierten Fragen bei der Erstellung von Ökobilanzen ist, wie die Vorteile und Belastungen der Verwertung von Materialien am Ende der Lebensdauer auf die Systeme verteilt werden sollen – auf das primäre System (Gebäude) oder auf das System, das die sekundären Ressourcen nutzt? Es gibt dazu die unterschiedlichsten Lösungsansätze (Cut-Off-Methode, Strikte Co-Produkt-Allokation, Value-corrected Substitution etc.). Die europäische Normung hat für den Baubereich die Cut-Off-Methode zum Standard erhoben ([2], [3]). Die Grenze zwischen dem System des Bauwerks und dem Modul D (Prozesse außerhalb der Systemgrenze des Bauwerks) ist der erreichte Zustand des Abfallendes (EOW).
Bisher war in Umweltproduktdeklarationen (EPD) die Deklaration von Modul D optional, sodass nur wenig Erfahrung mit der Berechnung von Modul D auf Produkt- oder Gebäudeebene vorliegt. Wie unter anderen eine belgische Fallstudie zur Berücksichtigung von Modul D in der Ökobilanz von Gebäuden zeigt [6], können die methodischen Entscheidungen, Interpretationen und Annahmen im Zusammenhang mit der Berechnung von Modul D einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse haben. Die Ergebnisse von Modul D sind daher mit großen Unsicherheiten behaftet. Wird das Modul D darum – wie heute in vielen Gebäudebewertungssytemen üblich – nicht betrachtet, bringt das in der Regel Vorteile für den Einsatz von Recyclingmaterialien, da sie „gratis“ aus dem vorherigen Produktsystem übernommen werden. Das Recycling der Materialien am Gebäudelebensende erspart zwar die Aufwendungen für die Beseitigung, diese Vorteile kommen aber im Gesamtlebenszyklus eines Gebäudes kaum zum Tragen – die Vorteile durch das Recycling werden ja erst im Modul D abgebildet. Die alternative Deponierung zeigt sich zum Beispiel lediglich durch die damit verbundenen Abbruch- und Transportprozesse, welche in den meisten Ökobilanzindikatoren im Vergleich zum Herstellungsaufwand wenig Beitrag leisten.
Bereits 2003 begann das IBO daher der quantitativen Ökobilanzbewertung eine qualitative Bewertung gegenüberzustellen, welche die Qualität der Entsorgungswege und der aus den Altmaterialien hergestellten Produkte ins Zentrum stellt. Diese Methode wurde seither kontinuierlich weiterentwickelt.
Quelle: IBO, Mag. Hildegund Figl
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